Digitalisierung im Mittelstand durch Chatbot-basierte Prozessmodellierung beschleunigen
Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Aktivitäten gezielt mit digitalen Technologien zu unterstützen. Geschäftsprozessmodelle sind dabei besonders wichtig – vor allem bei der Einführung entsprechender Informationssysteme. Gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) tun sich jedoch häufig schwer damit, ihre Prozesse zu erfassen und zu optimieren. Im Rahmen des KICoPro-Projekts wird ein chatbot-basierter Modellierungs-Copilot entwickelt, der mithilfe moderner großer Sprachmodelle (Large Language Models) Geschäftsprozesse erfassen und verbessern hilft.
Business Process Management (BPM) gilt als wichtige Basis zur Erreichung von Unternehmenszielen. Geschäftsprozessmodelle nehmen dabei im BPM-Lebenszyklus eine zentrale Rolle bei der Gestaltung, Steuerung und Analyse von Geschäftsaktivitäten ein. Sie bilden unter anderem die Grundlage für die Einführung von Informationssystemen, das Requirements Engineering sowie insbesondere für die Digitalisierungsprojekte von Unternehmen.
Während große Unternehmen in diesem Bereich bereits eigene Expertise aufgebaut haben, fällt es vielen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) oft schwer, das Thema BPM professionell und umfassend zu behandeln. Die Praxis zeigt, dass zahlreiche Digitalisierungs- und Optimierungsprojekte aufgrund fehlender prozessualer Betrachtung scheitern oder gar nicht erst umgesetzt werden. Betroffen sind unter anderem kommunale Versorgungsbetriebe (Energie- und Wasserversorgung, Abwasser- und Müllentsorgung) sowie das produzierende Gewerbe.
Infolgedessen werden Informationssysteme häufig nur rudimentär und ohne ausreichende Prozessintegration eingeführt. Das führt dazu, dass wichtige Digitalisierungspotenziale ungenutzt bleiben. Wie eine Studie der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2020 zeigt, liegen KMU in diesem Bereich hinter Großunternehmen zurück. Ohne eine gründliche Modellierung der bestehenden Prozesse besteht zudem das Risiko, dass vorhandene – oft suboptimale – Abläufe mit digitalen Lösungen angereichert werden, die jedoch die zugrunde liegenden Probleme nicht adressieren (vgl. Thorsten Dirks, Wirtschaftsgipfel 2015, Süddeutsche Zeitung).
Für viele KMU ist die Erstellung eines ersten Prozessmodells zur Dokumentation bestehender Unternehmensabläufe – die Grundlage für BPM – oft nicht realisierbar, sei es wegen fehlender Fachkenntnisse oder finanzieller Ressourcen.
Im Rahmen des KICoPro-Projekts werden die Potenziale großer Sprachmodelle (Large Language Models, LLM) erforscht und genutzt, um insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei der Dokumentation und Optimierung ihrer Geschäftsprozesse zu unterstützen. Ziel ist es, Unternehmen die Aufnahme ihrer Abläufe mittels eines Chatbots zu ermöglichen. Der LLM-gestützte Chatbot übernimmt die Rolle eines Prozessmodellierers und erzeugt durch gezielte Abfragen präzise Prozessmodelle. Künstliche Intelligenz soll zudem dabei helfen, dokumentierte Ist-Prozesse in optimierte Soll-Prozesse zu überführen. So können die Hürden für die erfolgreiche Umsetzung von Digitalisierungsprojekten gesenkt werden. Gleichzeitig könnte der Einsatz von KI die Kosten der Prozessdatenerfassung erheblich reduzieren, was eine breite Anwendung in der Wirtschaft ermöglicht. Wissenschaftlich steht die Frage im Fokus, inwieweit bestehende Sprachmodelle, die bisher ausschließlich mit textuellen Daten trainiert wurden, bereits „Prozesswissen“ erworben haben und somit die Rolle des Prozessmodellierers übernehmen können. Darüber hinaus sollen neue Trainingsmethoden entwickelt und getestet werden, um Sprachmodellen ein tieferes Verständnis von Prozessen zu vermitteln.
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme „KMU-innovativ“ unter dem Förderkennzeichen 01IS24053C unterstützt. Das Konsortium setzt sich zusammen aus der Prime Force Freiburg GmbH (Entwicklungspartner), der Pentadoc AG (Anwendungspartner) sowie dem Institut für Wirtschaftsinformatik (IWi) am DFKI als Forschungspartner. Außerdem sind diverse kleinere Unternehmen als assoziierte Partner eingebunden.
Während der Projektlaufzeit wird ein öffentlich zugänglicher Prototyp bereitgestellt, der über die Social-Media-Kanäle der Projektpartner kommuniziert wird.
Über Prime Force
Die Prime Force Freiburg GmbH (PFF) ist ein IT-Beratungsunternehmen mit Schwerpunkt auf dokumentenzentrierten Prozessen und beschäftigt derzeit 5 Mitarbeitende am Standort Freiburg. Die Prime Force Group umfasst standortübergreifend rund 150 Mitarbeitende, verteilt auf mehrere Zweigniederlassungen, die jeweils als eigenständige GmbHs geführt werden. Die Gründer von PFF beschäftigen sich seit 1998 beziehungsweise 2001 mit dem Thema Künstliche Intelligenz, wobei der Erfolg von Deep Learning und großen Sprachmodellen (LLMs) die zuvor genutzten Technologien deutlich übertrifft. Die Kernkompetenzen von PFF liegen in der Digitalisierung, der intelligenten Klassifizierung von Dokumenten sowie der Datenextraktion – Bereiche, in denen das Unternehmen sowohl bei Großkonzernen als auch bei kleineren öffentlichen Auftraggebern erfolgreich tätig ist. Darüber hinaus zählen manuelle Prozessgestaltung und deren Umsetzung zu den Spezialgebieten von PFF.
Über Pentadoc
Die Pentadoc AG ist eine produktunabhängige Unternehmensberatung, die sich seit ihrer Gründung 1998 auf die Digitalisierung von Dokumenten und Prozessen spezialisiert hat. Das mittelständische Beratungsunternehmen berät seit 25 Jahren Unternehmen aus verschiedenen Branchen. Dank langjähriger Erfahrung verfügt Pentadoc nicht nur über umfangreiche Methodenkompetenz in der Prozessberatung, sondern auch über tiefgehendes fachliches und prozessuales Wissen in den relevanten Kernbranchen. Zudem besitzt das Unternehmen praxisnahe Einblicke in die spezifischen Herausforderungen und häufig bestehenden Defizite von kleinen und mittleren Unternehmen im Bereich des Geschäftsprozessmanagements (GPM).
Über das IWi am DFKI
Das Institut für Wirtschaftsinformatik (IWi) am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit Geschäftsprozessmanagement und Prozessmodellierung. Ein besonderer Forschungsschwerpunkt liegt dabei auf dem Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) und dem daraus resultierenden Mehrwert für Unternehmen. In das Projekt fließen die langjährige Erfahrung im Bereich Prozessmodellierung sowie innovative Ansätze zur Nutzung von KI zur Steuerung und Optimierung von Geschäftsprozessen ein. Die am Institut verfügbare KI-Hardware gewährleistet zudem eine sichere Verarbeitung der Unternehmensdaten.